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Wenn Positivität toxisch wird 

 September 2, 2020

„Schau doch auf das Positive“, sagt sie – und ich fühle mich alleingelassen mit meinem Schmerz und meiner Enttäuschung.

„Es hätte viel schlimmer kommen können“, sagt sie – und ich fühle mich schuldig, weil ich keine so positive Einstellung habe wie sie.

„Kopf hoch, das wird schon wieder“, sagt sie, und ich schäme mich dafür, dass es mir gerade nicht gut geht.

Meine frühere Arbeitskollegin war das, was man eine durch und durch positive Person nennen könnte.

Jedes Mal, wenn ich versucht habe, ihr zu erzählen, wie es mir wirklich geht, würgte sie mich mit positiven K.O.-Sprüchen ab, statt mir zuzuhören.

Und jedes Mal fühlte ich mich, als hätte mir jemand einen Tesa-Streifen über den Mund geklebt, um zu verhindern, dass irgendetwas Negatives, Schwieriges oder auch nur Ambivalentes aus ihm dringt.

Das verursachte mir nicht nur einen Kloß im Hals, sondern führte auch dazu, dass ich mich noch schlechter fühlte.

Positivität kann – genauso wie Negativität – toxisch sein, wenn sie einseitig wird.  Ich finde, sie kann sogar etwas Gewalttätiges an sich haben.

Dann nämlich, wenn sie leugnet, dass wir Menschen sind, Menschen mit einem breiten Gefühlsspektrum, Menschen mit einem manchmal umwerfend prachtvollen und manchmal schmerzhaft schwierigen Menschenleben, Menschen mit menschlichen Erfahrungen, die gewürdigt werden wollen, egal ob „positiv“ oder „negativ“.

Oder dann, wenn Menschen, die auf die Sonnenseite des Lebens gespült wurden, keine Traumata oder Mangel-Erfahrungen erlebt haben, weniger privilegierten Menschen einreden wollen, Erfolg und Glück seien ausschließlich eine Frage des Mindsets und der positiven Einstellung.

Oder dann, wenn die Probleme und Schieflagen unserer Gesellschaft und unseres Wirtschaftssystems dorthin verschoben werden, wo sie nicht entstanden sind und auch nicht gelöst werden können: zum Individuum, zum einzelnen Menschen, der sich nun nicht nur damit abfinden muss, einen Startnachteil zu haben, sondern sich auch noch schuldig fühlt, weil er es nicht schafft, positiv genug zu denken, um endlich auch super-reich, super-schön und super-erfolgreich zu sein.

{Im englischsprachigen Raum kursiert der Begriff „toxic positivity“ schön länger, im deutschsprachigen Raum bekommt er erst in letzter Zeit gebührende Aufmerksamkeit. 

Versteh mich nicht falsch:

Ich bin zu hundert Prozent dafür, radikale Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen.

Aber ich bin nicht dafür, so zu tun, als wären wir an allem „selbst schuld“, indem wir verleugnen, dass das Leben manchmal verdammt schwierig und schmerzhaft ist, und dass es auf dieser Welt haarsträubende Ungerechtigkeiten, Machtspiele und ein oft menschenverachtendes Wirtschaftssystem gibt.

Ich bin auch zu hundert Prozent dafür, aus der Opferhaltung auszusteigen.

Aber ich bin nicht dafür, nicht anzuerkennen, dass wir in manchen Situationen Opfer waren oder sind: Opfer von Missbrauch oder Beschämung, Opfer von Ungerechtigkeit oder Diskriminierung.

Aus der Opferhaltung auszusteigen bedeutet für mich, anzuerkennen, was ist und was war, aber uns nicht zu Opfern unserer Vergangenheit machen, sondern stattdessen mit allem, was zu uns gehört, unsere Gegenwart und unsere Zukunft aktiv gestalten. Mit all unseren Gaben und Talenten – aber auch mit all unseren Wunden und Narben.

Verantwortung zu übernehmen bedeutet für mich, meine Antwort auf all das Schwierige, Dunkle, Ungerechte, Haarsträubende auf dieser Welt bewusst zu wählen, und mich für ein TROTZDEM zu entscheiden, statt in Zynismus, Verzagtheit oder lähmender Wut steckenzubleiben.

 

Wenn das Positive giftig wird

Ich weiß nicht, wie es dir geht – aber mir persönlich helfen gut gemeinte Sprüche wie „Am Ende wird alles gut“ oder „Good vibes only“ nicht dabei, wahrhaftige Antworten auf die wahrhaft komplexen Fragen des Lebens zu finden.

Stell dir vor, jemand verliert seine Beine und lernt gerade mühsam und in winzigen Schritten, mit Prothesen zu laufen. Was würde diesen Jemand wohl mehr motivieren?

„Komm schon, sei nicht so negativ, ein bisschen positives Mindset und schon läufst du wieder, als hättest du deine Beine nie verloren!“

Oder:

„Ich kann mir vorstellen, wie schwierig das ist, und du hast sicher einiges durchgemacht. Toll, dass du so konsequent trainierst, um wieder laufen zu lernen!“

Eine positive Grundeinstellung ist gesund.

Eine positive Grundeinstellung, die aus Angst vor schwierigen Gefühlen nichts anderes mehr zulässt als das Positive, ist toxisch.

Gott bewahre uns vor der Übertreibung des Guten.
~ Quelle unbekannt  

 

Warum toxische Positivität uns unglücklich macht

 

# 1 Toxische Positivität verhindert eine der heilsamsten menschlichen Erfahrungen: Das Gehört- und Gesehenwerden

Jemandem, dem wir vertrauen, ehrlich von uns erzählen zu können – von unserer Verzweiflung, unserer Überforderung und Unsicherheit, von unseren inneren Kämpfen und unserer Scham -, ist an sich schon eine unglaublich erleichternde Erfahrung. Wenn dieser Jemand uns dann auch noch wirklich, wirklich zuhört – empathisch, urteilsfrei und zugewandt -, dann ist das etwas ungemein Nährendes und Heilsames.

Wenn dieser Jemand uns hingegen mit aufmunternden Sprüchen bombardiert, ehe wir noch zu Ende gesprochen haben, dann bewirkt das das genaue Gegenteil – wir fühlen uns einsam und unverstanden.

Von anderen gehört und gesehen zu werden, und uns dadurch zutiefst verbunden zu fühlen, lindert erwiesenermaßen Ängste und Depressionen, während das Gefühl der Isolation diese verstärkt.

 

# 2 Toxische Positivität führt dazu, dass wir Gefühle unterdrücken

Du öffnest deine facebook App und siehst nichts als glückliche, fantastisch aussehende Menschen, die dir empfehlen, Liebe ein- und alles andere auszuatmen, in dich hineinzulächeln und daran zu glauben, dass alles möglich ist.

Klingt gut, denkst du, eigentlich ganz einfach! Doch dann bemerkst du, dass deine Katze Durchfall, dein Kind Masern und dein Kontostand ein fettes Minus hat. Kein Problem, denkst du, ich atme einfach ein wenig Liebe ein und alles andere aus … aber dummerweise hinterlässt genau in diesem Moment die Katze ein stinkendes braunes Etwas auf deinem Badezimmerteppich, das Kind kreischt, weil es seine Medizin nicht nehmen will, und dir flattert eine unerwartet hohe Zahnarzt-Rechnung ins Haus.

Na schön, denkst du, dann probiere ich es eben mit Lächeln, so richtig tief in mich hinein, und dabei glaube ich ganz fest daran, dass es möglich ist, dass mein Konto sich wie durch ein Wunder wieder auffüllt, mein Kind eine Spontanheilung erfährt und die Katze ihr Geschäft selbst wegputzt.

Doch dann fällt dir auf, dass dir eigentlich nach Heulen zumute ist, nicht nach Lächeln. Und endlich, endlich erlaubst du dir, die Tränen fließen zu lassen, während du zusammengekauert auf dem Badezimmerteppich liegst. Die Katze kommt und schleckt mit ihrer rauen Zunge über dein Haar, du schluchzst und schniefst ein paar Mal lautstark, prustest in dein Taschentuch … und siehe da: Plötzlich geht es dir besser. Womöglich taucht sogar ganz von selbst ein zaghaftes Lächeln auf – oder ein tiefes, erleichtertes Seufzen.

Manchmal kann es tatsächlich helfen, uns mit Atmen, Visualisierungen, Lächeln, Dankbarkeit oder positiven Affirmationen aus einem Stimmungstief oder negativen Gewohnheitsgefühlen herauszukatapultieren.

Manchmal aber wollen Gefühle einfach gefühlt, wollen Tränen einfach geweint, will Wut einfach hinausgeschrien werden.

Diese Gefühle zu unterdrücken lässt sie nicht verschwinden, sondern verstärkt sie oft sogar, und kann nachweislich zu körperlichen Stress-Symptomen führen.

Darum: Lass dir nicht von gut gemeinten Kalendersprüchen das Recht absprechen, zu fühlen, was du fühlst!

Während wir die verbannten und unbewussten Teile von uns selbst annehmen,
weben wir den zerfledderten Wandteppich unserer zerbrochenen Welt zurück in die Ganzheit.
~ Chameli Ardagh

 

# 3 Toxische Positivität führt zu Scham- und Schuldgefühlen

Unsere Gedanken, unser Mindset, unsere Perspektive auf die Welt haben großen Einfluss darauf, wie wir uns fühlen, wie wir unser Leben gestalten, welche Ziele wir uns setzen und ob wir sie erreichen.

Aber es gibt auch eine ganze Menge anderer Einflussfaktoren – und genau die werden von der monochromen Sichtweise der toxischen Positivität negiert. Das führt dazu, dass wir uns schuldig oder sogar unfähig fühlen, wenn nicht alles so läuft, wie wir es uns feinsäuberlich zurechtvisualisiert und herbeiaffirmiert haben.

Manchmal schämen wir uns sogar dafür, dass wir noch immer nicht in jeder Minute des Tages die Göttin in uns spüren, oder dass wir den perfekten Partner, das perfekte Haus, den perfekten Körper und die perfekte Karriere noch immer nicht manifestiert haben. Scham und Schuld aber führen garantiert nicht dazu, dass wir uns besser fühlen.

Kurz: Ein Zuviel an „good vibes“ verstärkt unsere „bad vibes“, und die Tyrannei der Positivität kann uns schnurstracks in eine Negativspirale führen. Mehr noch: Sie beraubt uns unserer Lebendigkeit und unserer Wahrhaftigkeit.

Leid und Schmerz anzuerkennen ist etwas anderes, als süchtig danach zu sein.

Uns zuzugestehen, dass manches schwierig für uns ist, ist etwas anderes, als uns auf unsere Probleme zu fixieren.

Authentisch auszudrücken, wie es uns WIRKLICH geht, ist etwas anderes als zu jammern.

Jemandem aufrichtig von uns zu erzählen ist etwas anderes, als diesem Jemand ungefragt unseren Seelenmüll vor die Haustür zu kippen. 

Schwierige Gefühle zu akzeptieren ist etwas anderes, als uns in ihnen zu suhlen.

 

Covid-19: good vibes, bad vibes und alles dazwischen

2020, das mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Geschichte eingehen wird, hat diese Unterschiede noch deutlicher aufgezeigt.

Manche Menschen ließen sich von ihren Ängsten und Sorgen auffressen, konnten rein gar nichts Positives an der Situation erkennen, oder ergingen sich in Verschwörungstheorien.

Andere wiederum waren der Meinung, hätten wir während des Lockdowns nicht zumindest zwei neue Fremdsprachen oder ein Instrument erlernt oder uns ein Sixpack antrainiert, hätten wir DIE Chance des Jahrhunderts verpasst. (Genau, ihr Mütter, die ihr euch redlich bemüht habt, sämtliche Homeschooling-Bälle eurer Nachkommenschaft in der Luft zu halten, während ihr Pizza gebacken und im Homeoffice gearbeitet habt – hättet ihr nicht wenigstens während eurer schlaflosen Nächte etwas DAZULERNEN können???)

Ein nuancierter Umgang mit dieser Situation – ohne toxische Negativität, aber auch ohne toxische Positivität – bedeutet für mich, anzuerkennen, dass wir zwar eine kollektive Erfahrung machen, aber jede und jeder von uns auch eine ganz persönliche – und die können höchst unterschiedlich aussehen. Ich glaube, wir alle haben einiges zu bewältigen und zu verarbeiten. Gleichzeitig möchte ich auch sehen, welche Chancen und Möglichkeiten diese besondere Zeit uns eröffnet hat.

 

Wer hat Angst vor Negativität?

Ich habe ein interessantes Muster festgestellt: Genau jenen Menschen, die sich von den schwierigen Erfahrungen und Gefühlen anderer in ihrer „good vibes only“ Seligkeit gestört fühlen und die lieber „Kopf hoch“ schmettern, als wirklich zuzuhören, fällt es schwer, ihre eigene Negativität anzuerkennen. Es scheint, dass sie nicht gelernt haben, schwierige Gefühle „auszuhalten“, zu fühlen und dabei präsent zu bleiben, ohne zu urteilen – und dass sie deshalb auch von den schwierigen Gefühlen anderer so unangenehm berührt sind.

Ich habe mir vorgenommen, solchen Menschen in Zukunft ehrlich zu sagen, wie ich mich fühle, wenn sie glauben, Binsenweisheiten seien die Lösung für meine Herausforderungen. Ich habe mir auch vorgenommen, keinen Mindset-Gurus auf Social Media mehr zu folgen, die ein allzu einseitiges Bild vom Leben und ein simplifiziertes Bild der menschlichen Erfahrung hier auf Erden propagieren.

Ich habe mir vorgenommen, keine Patentrezepte mehr haben zu wollen.

Die Expertin für mein Leben bin immer noch ich. Und was in welcher Situation hilft – das Anerkennen des Schwierigen, der Fokus auf das Positive, oder eine Mischung aus beidem -, kann ich nur herausfinden, indem ich es ausprobiere.

Big, wild love

Laya

PS: Hast du auch schon mal erlebt, dass Positivität toxisch wird? Was sind deine Erfahrungen mit diesem Phänomen? Schreib in die Kommentare – ich freue mich darauf, von dir zu lesen!

Lesetipps und Quellen: 

Manchen Menschen scheint es in die Wiege gelegt zu sein, andere müssen es sich hart erarbeiten, und wieder andere leiden ihr Leben lang unter einem Mangel daran:

Die Rede ist von einem gesunden Selbstwertgefühl.

Wenn ich auf meine eigene Selbstwert-Geschichte zurückblicke, kann ich ein interessantes Muster erkennen.

Ich war ein schüchternes, stilles, aber sehr fröhliches Mädchen. Ich war ungeschickt und langsam beim Sport, aber ich war sehr talentiert, wenn es um Sprache ging. Ich hatte eine schnelle Auffassungsgabe und einen wachen Verstand.

Solange ich in Situationen war, in denen ich diese Gaben zu meinem Vorteil einsetzen konnte, war alles gut. Ich tat, was man eben so tut, wenn sich das Selbstwertgefühl hauptsächlich aus der eigenen Leistung speist: Ich schloss zwei Studien und sämtliche Praktika mit Auszeichnung ab, war superschlank und drückte mich so gut es ging vor allen Aktivitäten, bei denen meine „Schwächen“ zum Vorschein kommen hätten können.

Doch dann schubste mich das Leben an einen Ort, an dem all diese Leistungen genau gar keine Bedeutung mehr hatten. Ich hatte ein kleines Kind und keine Ahnung vom Mutter-Sein. Ich war nicht mehr ganz jung und nicht mehr ganz schlank, und mein erster Mann  verließ mich für eine zehn Jahre jüngere Frau. Beim Stillen, oder wenn es darum ging, mein Baby mit seinen furchtbaren Koliken zu beruhigen oder meinen emotionalen Schmerz zu fühlen, konnte ich meinen „Wert“ definitiv nicht mehr an meinen intellektuellen Leistungen oder meinem flachen Bauch festmachen. Entsprechend tief in den Keller rutschte mein Selbstwertgefühl – und die Suche begann.

Die Suche nach jenem Halt im Inneren, der völlig unabhängig davon ist, ob wir bei irgendeiner Prüfung brillieren oder nicht.

Die Suche nach jener Beziehung zu mir selbst, die es völlig irrelevant machen würde, ob jemand anderer mich attraktiv findet oder nicht.

Die Suche nach jener Art von Selbst – und Selbst-Wert – die sich nicht mehr daraus speist, was ich erreiche oder wie andere auf mich reagieren, sondern ausschließlich daraus, dass ich BIN. Egal, wie, was oder wer ich gerade bin, ob ich etwas zu leisten imstande bin oder nicht.

Hunderte Selbsthilfe-Bücher, Meditationsretreats und Therapiestunden, zahlreiche Ausbildungen und mehrere Jahre bewusste Selbstliebe-Praxis später hatte sich diese Suche als erfolgreich erwiesen. Mein Gefühl für mich selbst – für meinen unerschütterlichen WERT ALS MENSCH – hatte sich verinnerlicht und gefestigt. Es fühlte sich stabil, sicher und geborgen an in mir selbst.

Dann jedoch geschah etwas Bemerkenswertes.

Ich bekam wieder LUST AUF LEISTUNG.

Lange Zeit hatte ich auf Leistung und Anerkennung von außen völlig gepfiffen. Ich gestattete mir jeden Fehler und jede Schwäche, zuckte nach einer So-la-la-Yogastunde oder nachdem ich eine ganze Packung Schokokekse auf einmal verspeist hatte, mit den Schultern, gab mir selbst einen aufmunternden Kuss auf ebendiese, und spürte: Es gibt nichts zu beweisen. Mir nicht und auch niemandem sonst.

Interessanterweise tauchten nun, da mein WERT ALS MENSCH für mich außer Frage stand, wieder andere Zweifel auf. Nämlich Zweifel an meiner Kompetenz.

Ist es wirklich genug, mich selbst bedingungslos zu lieben und meinen Wert anzuerkennen?, fragte ich mich. Ist es nicht genauso wichtig, mich selbst herauszufordern, meine Grenzen auszuloten und herauszufinden, was noch so alles in mir steckt?

Also begab ich mich auf ein paar Abenteuer. Ich sprang aus 4000 Metern Höhe aus einem Flugzeug (mit Fallschirm zugegebenermaßen ). Ich wurde Yogalehrerin, lernte auf dem Kopf zu stehen, wagte den Sprung in die Selbstständigkeit, gründete ein Studio, hatte Angestellte, machte mich allein auf einen 14-tägigen Pilgerweg durch einsame Wälder, reißende Bäche und verlassene Hochebenen, und begann mit 46 nochmal zu studieren.

Das alles tat ich – im Gegensatz zu früher – nicht, um mir meinen Wert zu beweisen, indem ich meine Ziele erreichte oder erfolgreich war. Das alles tat ich, weil ich Lust darauf bekommen hatte, mich selbst zu überraschen – und herauszufinden, was alles möglich ist, wenn ich keine Angst mehr habe, meinen Wert zu verlieren, wenn ich Fehler mache, mich blamiere oder scheitere.  

Das Schöne daran ist: Dadurch veränderte sich mein Selbstwertgefühl noch einmal! Es stand jetzt sozusagen auf zwei stabilen Beinen. Einerseits wusste ich, dass mein Wert als menschliches Wesen unantastbar ist, egal, wie oft ich auf die Nase falle und was andere von mir halten. Andererseits wusste ich immer mehr um meine Kompetenz, um den Wert meiner Arbeit, meiner Zeit, meines Wissens und meiner Lebenserfahrung, und war erstaunt darüber, was ich mir alles zutrauen durfte.

Damit hatte sich ein Kreis geschlossen – und ohne es zunächst zu bemerken, hatte ich die zwei Dimensionen eines gesunden Selbstwertgefühls erforscht und erobert.

 

 

GESUNDES SELBSTWERTGEFÜHL – WAS IST DAS? EINE DEFINITION.

Tatsache ist: Es ist gut und gesund, ein starkes Selbstwertgefühl zu haben. Menschen mit hohem Selbstwertgefühl sind durchschnittlich glücklicher, mental gesünder und zufriedener mit ihren Beziehungen und ihrer Arbeit.

„Selbstwertgefühl ist nicht alles.
Aber wenn du kein Selbstwertgefühl hast,
hast du nichts.“
~ Gloria Steinem

Tatsache ist aber auch, dass gar nicht so klar ist, was ein „gesundes“ und „starkes“ Selbstwertgefühl überhaupt ist, woraus es sich speist, und ob wir uns nicht manchmal mit dem Versuch, es zu erlangen, mehr schaden als nutzen.

Auch wenn das Wort „Gefühl“ im „Selbstwertgefühl“ steckt, geht es dabei doch um mehr als ums Fühlen.

Ein gesunder Selbstwert besteht aus drei Komponenten:

1) was wir uns selbst gegenüber fühlen

2) wie wir uns selbst sehen und

3) wie wir uns uns selbst und anderen gegenüber verhalten

Empfindest du dir selbst gegenüber Achtung und Respekt, Zärtlichkeit und Zuneigung? Oder ist dein Gefühl dir selbst gegenüber eher von Verachtung, Kritik und Ablehnung geprägt?

Egal, wie kompetent und erfolgreich du bist – wenn deine Gefühle dir selbst gegenüber nicht liebevoll sind, wirst du nie ein wirklich gesundes Selbstwertgefühl entwickeln. Im Gegenteil: Bei vielen Menschen, die Herausragendes leisten, steckt hinter ihrer Leistungsbereitschaft ein zutiefst verunsichertes Wesen, das verzweifelt versucht, sich seinen Wert über Erfolg und Leistung zu erarbeiten.

Kannst du sehen und anerkennen, was du schon alles gemeistert, geschafft und bewältigt hast? Erkennst du deine Stärken, deine Gaben und Talente? Und kannst du auch dein „Schwächen“, deine „Fehler“ und deine Unzulänglichkeiten erkennen – ohne dass dein Selbstwertgefühl darunter leidet?

Ohne die Bereitschaft zu aufrichtiger, differenzierter und gewissenhafter Selbsterkenntnis wird dein Selbstwertgefühl stets auf wackeligen Beinen stehen.

Zeigt sich der Wert, den du dir selbst – deinen Bedürfnissen, deinen Werten, deinen Gefühlen, deinen Sehnsüchten und Wünsche – beimisst, in deinem Verhalten? Wie viel Raum erlaubst du dir einzunehmen? Sorgst du dafür, dass deine Bedürfnisse erfüllt werden, glaubst du an deine Träume, setzt du klare Grenzen, bist du bereit, Konflikte und Ablehnung zu riskieren, um zu dem zu stehen, was dir wichtig ist?

Solange dein Selbstwertgefühl sich nicht auch in konkretem Verhalten äußert, ist es sehr ANGREIFBAR. Wenn du hingegen zur Tat schreitest, entsteht eine Aufwärtsspirale. Du erkennst deinen Wert. Du weißt, was du kannst. Du nimmst dir Raum. Du setzt dich durch. Du sagst klar, was du willst und was nicht. Zu Beginn mag das alles ziiiieeemlich beängstigend sein. Aber mit jedem kleinen Erfolgserlebnis, mit jedem Mal Über-den-Schatten-Springen, Dich-Zeigen und Dich-Behaupten wird dein Selbstwertgefühl tiefer und robuster.

„Bevor du dich nicht selbst wertschätzt,
wirst du deine Zeit nicht wertschätzen.
Bevor du deine Zeit nicht wertschätzt,
wirst du mit ihr nichts Sinnvolles anfangen.“
~ M. Scott Peck

Also, los! Kein Schritt ist zu klein, um der erste zu sein …

 

ZWEI WEGE, UM DEIN SELBSTWERTGEFÜHL ZU STÄRKEN

Manche Wissenschafter*innen haben Selbstwert als das Verhältnis zwischen dem, was wir von uns selbst erwarten, und dem, wie viel davon wir tatsächlich erreichen, definiert. Nach dieser Definition wächst unser Selbstwertgefühl jedes Mal, wenn wir ein Ziel erreichen, und es schrumpft, wenn wir hinter unseren eigenen Erwartungen zurückbleiben. Kurz: Diese Art von Selbstwert entsteht aus unserem TUN – und daraus, wie erfolgreich wir mit diesem TUN sind und wie viel Anerkennung es uns einbringt. 

Wie wir alle wissen, hat diese Sicht einige Tücken, und das eigene Selbstwertgefühl auf diese Weise steigern zu wollen, kann auf lange Sicht sehr negative Auswirkungen haben.  Zum Beispiel lernen wir nicht mehr aus Vergnügen oder Interesse, sondern um etwas zu erreichen. Wir verpassen die Chance, auch aus unseren Fehlern, aus kritischem Feedback oder aus negativen Ergebnissen zu lernen – denn diese sind ja eine Bedrohung für unseren Selbstwert. Auch unsere Beziehungen leiden darunter, dass wir unser Selbstwertgefühl steigern oder schützen möchten, indem wir ständig nach Anerkennung von Außen heischen. Und schließlich ist die Gefahr groß, an unserer Berufung vorbei zu leben, da wir zu viel Angst davor haben, auf Unverständnis oder Widerstand zu treffen oder zu scheitern.

Andere Wissenschafter*innen teilen jene Sicht auf das Thema Selbstwert, die in vielen spirituellen Traditionen und Lehren eine zentrale Rolle spielt: Der Wert des Menschen wird als unantastbar angesehen.  Einen hohen Selbstwert zu haben bedeutet, ein Gefühl für diesen von äußeren Umständen völlig unabhängigen WERT ALS MENSCH zu haben – sie entsteht also aus unserem SEIN.

So schön und heilsam diese Sicht der Dinge ist: Auch sie hat ihre Fallstricke! Denn wenn wir uns ausschließlich auf diese Feel-good-Dimension des Selbstwerts berufen, sind wir nicht mehr motiviert, unsere Kompetenzen zu erweitern und uns lustvoll anzustrengen – und bleiben hinter unseren Möglichkeiten zurück.

Wie so oft liegt die Lösung in jenem magischen kleinen Wort mit sechs Buchstaben:

BEIDES!

Es ist wie bei einem Schiff. Hat es ein großes Segel, aber ist der Rumpf zu leicht gebaut, nimmt es zwar schnell Fahrt auf, ist jedoch abhängig von Wind und Wetter. Bläst der Sturm zu stark, kentert es.

So ist es, wenn sich unser Selbstwertgefühl hauptsächlich aus unseren Stärken, unserer Attraktivität, unseren Leistungen und Erfolgen speist: Wir sind abhängig von den äußeren Umständen. Und wenn ein Ziel doch mal zu groß war, wenn der Erfolg ausbleibt oder wir keine Anerkennung bekommen, dann kentern wir.

Hat das Schiff zwar einen schweren Rumpf, aber ist das Segel zu klein, dann sind wir zwar stabil – wir ruhen sozusagen in uns selbst -, kommen aber nirgendwohin.

So ist es, wenn unser Selbstwertgefühl hauptsächlich auf unserem unantastbaren Wert als menschliche Wesen beruht. Wir sind zwar in Sicherheit, lernen aber nicht, die Elemente für uns zu nutzen, strengen uns nicht an, fordern uns zu wenig und wachsen nicht über uns hinaus.

Also: Starker Rumpf UND großes Segel – darauf kommt es an! Damit wir die wildesten Stürme des Lebens kompetent und souverän für uns nutzen können UND nicht an uns selbst zu zweifeln beginnen, wenn mal totale Flaute herrscht

 

WARUM EIN GESUNDES SELBSTWERTGEFÜHL FÜR BEZIEHUNGEN BESONDERS WICHTIG IST

Wenn ich auf die Laya vor zwanzig (oder dreißig? OOOMMMGGGG!) zurückblicke, muss ich zärtlich lächeln. Was habe ich mich in meinen Beziehungen angestrengt! Wie viel – aus heutiger Sicht – absurdes Verhalten habe ich an den Tag gelegt, wie sehr habe ich mich verbogen und belogen, nur um von anderen die Liebe und Anerkennung zu bekommen, die ich mir selbst nicht zu geben in der Lage war? Wie sehr habe ich meinen Wert davon abhängig gemacht, ob andere mich mochten, bewunderten, attraktiv fanden oder nicht?

Nicht, dass es so etwas in meinem Leben und in meinen Beziehungen überhaupt nicht vorkommen würde – keine Sorge, ich bin weder erleuchtet noch stehe ich in irgendeiner Weise über solchen menschlichen Verhaltensmustern. Aber ein bisschen etwas durfte ich dann doch dazulernen in meinen Jahren als Mutter, Tochter, Partnerin und Unternehmerin.

Ein gesundes Selbstwertgefühl macht uns einerseits robuster, zum Beispiel gegenüber Ablehnung, Kritik oder Verachtung durch andere. Wir beginnen nicht gleich, an uns selbst zu zweifeln, nur weil die Chefin mal ein scharfes Mail schreibt, uns die Nachbarin kaum grüßt oder der Partner nicht auf jede Whatsapp antwortet.

„Niemand kann dich dazu bringen,
dich ohne deine Zustimmung
minderwertig zu fühlen.“
~ Eleanor Roosevelt

Andererseits macht uns gesundes Selbstwertgefühl risikobereiter. Wir können offener auf andere zugehen, wir ergreifen Möglichkeiten, soziale Kontakte zu knüpfen, und wir wollen wachsen und expandieren, auch wenn das mit Wachstumsschmerzen und allerlei unangenehmen Gefühlen verbunden ist (und das ist es garantiert).

Menschen mit geringem Selbstwertgefühl haben mehr Angst vor Zurückweisung und verfallen sehr schnell in defensives Verhalten. Sie „machen dicht“ – und das bedeutet, dass sie nicht mehr offen sind für andere und für die wunderbaren Momente, die echte Intimität uns schenken kann.

Diesen Menschen fällt es auch schwer zu glauben, dass andere sie wirklich mögen oder schätzen – selbst wenn diese ihre Wertschätzung und Zuneigung explizit ausdrücken. Sie beobachten ganz genau, was andere tun oder sagen, und legen jede Kleinigkeit auf die Waagschale – denn sie könnte ja ein Zeichen für Kritik oder mangelnde Zuneigung sein. Diese Menschen stehen nicht für sich ein, wenn sie unter Druck geraten, und sie neigen zur Eifersucht.

Menschen mit gesundem Selbstwertgefühl hingegen können offen bleiben und sich in Beziehungen hineinbewegen statt sich ihnen zu verschließen, wenn es mal schwierig wird. Sie sind eher bereit, sich zu entschuldigen, wenn es angemessen ist, sie übernehmen Verantwortung, und sie sind bereit, sowohl die eigenen Bedürfnisse als auch die Bedürfnisse anderer zu achten und in ihre Entscheidungen einzubeziehen.

Was aber fast noch schöner ist: Wenn zwei Menschen mit gesundem Selbstwertgefühl in Beziehung miteinander sind, dann können sie gemeinsam wachsen. Beide sind sicher gegründet, und beide sind bereit, ihre Komfortzonen – auch die emotionalen! – zu verlassen. Sie sind nicht mehr wie die zwei sprichwörtlichen Einbeinigen, die nur gehen können, wenn sie aneinandergebunden sind.

Beide können alleine laufen, und beide sind neugierig auf ihre eigene Entwicklung – und auf die des Partners oder der Partnerin.

Klingt zu schön, um wahr zu sein?

Ist es vielleicht auch

Ich lebe seit mehr als acht Jahren in einer sehr bewussten, sehr achtsamen und sehr liebevollen Beziehung. Niemals hätte ich gedacht, dass so viel gemeinsames Wachstum und so viel individuelle und gemeinsame Entwicklung möglich sind. Und doch gibt es da blinde Flecken, gibt es Verstrickungen und emotionale Abhängigkeiten, gibt es Bedürftigkeiten.

Eine Beziehung ist kein Status (außer auf facebook ), sondern ein lebendiger Prozess. Falls ich in dreißig Jahren noch immer mit meinem Liebsten zusammen bin, und falls ich dann noch immer blogge, erzähle ich euch, wo wir dann stehen …

 

SELBSTWERTGEFÜHL AUFBAUEN – DREI TIPPS

Genug der Theorie – jetzt wird’s praktisch! Den eigenen Selbstwert auf ausgewogene, maßvolle und gesunde Weise zu stärken erfordert Aufmerksamkeit und Praxis. Die folgenden drei Übungen können dich dabei wunderbar unterstützen!

 

Übung #1: Die Big 4

Viele meiner Klientinnen und Teilnehmerinnen sind mittlerweile große Fans der Big 4 und profitieren von der tiefgreifenden Wirkung, die diese Übung hat, wenn wir sie regelmäßig genießen.

Kurz gesagt geht es darum, dass du dir bewusst machst, wofür du dankbar bist, was dir gelungen ist, was du an dir magst, und worauf du dich freust. Besonders die Punkte 2 und 3 sind wie ein Super-Vitamin für dein Selbstwertgefühl!

>> hier geht’s zur Anleitung „The Big 4“

 

Übung #2: Selbstliebe-Rituale

„Lieben“ ist ein Tun-Wort, und Selbstliebe zeigt sich vor allem darin, wie du ganz konkret mit dir selbst umgehst! Deshalb sind kleine, über den Tag verteilte Selbstliebe-Rituale ein sanfter und wirkungsvoller Weg, um dir selbst so viel Zuneigung und Anerkennung zu geben, dass du mit der Zeit immer unabhängiger von äußerer Anerkennung wirst. Im kostenlosen Kurs „7 Tage Selbstliebe“ findest du zahlreiche dieser Rituale. Falls du den Kurs noch nicht gemacht hast, leg am besten gleich hier damit los!

 

Übung #3: Brüllen wie ein Löwe

Menschen mit gesundem Selbstwertgefühl stehen für sich ein und setzen gesunde Grenzen. Kaum eine andere Übung aus dem Yoga hat mir so sehr geholfen, das zu lernen, wie Simhasana, der Löwe.
>> So wirst du mit Simhasana zur Wahrheitssprecherin

 

SELBSTWERTGEFÜHL – DER TEST

Wie steht es um dein Selbstwertgefühl? Finde es heraus – hier geht’s zum Test!

Big, wild love

Laya

PS: Was sind deine wirkungsvollsten Strategien, um dein Selbstwertgefühl zu stärken? Schreib in die Kommentare – ich freue mich darauf, von dir zu erfahren!

Buchtipps und Quellen:

 

PS: Kennst du schon den kostenlosen 7-Tage-Selbstliebe-Kurs? Darin erfährst du die sieben Geheimnisse der Selbstliebe und lernst tolle Tools kennen, mit denen du deinen Selbstliebe-Muskel trainieren kannst!

  • Was für ein schöner wahrer Text liebe Laya! Ich liebe deinen Ausdruck positive K.O-Sprüche 🙂 Für mich ist diese toxische Positivität auch ein (unheilvoller) Weg, Gefühle überhaupt von sich fern zu halten und eine Erscheinungsform des „freeze“ unseres Stammhirns. Und, leider aber mittlerweile gut erforscht: der beste Weg in langjährige chronische Schmerzen wie Migräne, Rückenschmerzen, Fibromyalgie etc. Also wirklich wirklich toxisch. Danke dass du darüber schreibst!.

  • Liebe Laya, ich konnte mich so sehr mit deinem Text identifizieren!
    Vor einigen Jahren litt ich an einer Erschöpfungsdepression und diese toxische Positivität wirkte wie ein Burnout-Katalysator, weil ich mir selbst nicht erlaubte, zu sehen, was tatsächlich zu viel oder toxisch war und nach Veränderung verlangte. Meine innere Kritikerin schlug mich mit „schlimmer geht immer“ wortwörtlich k.o. Dieses authentisch ausdrücken wie es mir geht vs. jammern, von dem du schreibst – es fällt mir noch immer schwer, das zu unterscheiden, egal ob ich mit anderen oder mit mir selbst im Dialog bin. Hier hilft es mir, schreibend die gute Fee mit der inneren Kritikerin in einen Austausch zu schicken.
    Danke, liebe Laya, dass du wie so oft mit deinem Goldstück auf den Punkt gebracht hast, was lose durch meinen Geist schwirrt. Es ermutigt mich sehr dabei, im Sinne der Selbstverantwortung genauer hinzuspüren.

  • Liebe Laya, das heutige Goldstück hat mich zutiefst berührt und mich schon ein bisschen betroffen gemacht, ich habe mich in der toxischen Positivität selbst erkannt, ich durfte erst in den letzten zwei Jahren lernen meine Schattenseiten anzunehmen und meine negativen Gefühle zuzulassen, ich hatte eine riesige Angst davor. Es fühlte sich an wie ein riesiger Abgrund aber ich bin trotzdem gesprungen und war ganz unten. Jetzt arbeite ich mich langsam wieder hoch und ich bin stolz auf mich, dass ich es schon so weit geschafft habe.
    Ich danke dir von Herzen für deine wertvollen Goldstücke, sie haben mir sehr geholfen. Ich mag deine authentische Art mit der du dich ausdrückst, ich fühle mich dadurch gesehen in meinem Menschsein.
    Ganz liebe Grüße, Christiana

  • Liebe Laya! Danke für dieses ganz wertvolle Goldstück, für mich eines der besten. Es bestärkt mich im Lernen, alle, besonders auch negative Gefühle zuzulassen und auch zu zeigen. Viele Jahre habe ich in einer toxischen Beziehung gelebt, mir und meiner Umgebung Glück und Zufriedenheit vorgespielt, mir so manches schön(=positiv) geredet, bis ich selbst dran geglaubt habe, negative Gedanken beschämt abgewehrt, weil ja e alles von außen so toll ist und so gut läuft…..Ich machte stets „aus allem das Beste“, zeigte mich stark und souverän., und wurde dafür bewundert und anerkannt. ..Nun meine Tiefen zuzulassen ist schmerzhaft und ich stehe immer wieder voller Angst am Abgrund…doch es ist befreiend , heilsam und macht mich nun erst ganz.

  • Liebe Laya,
    du hast diese wundervolle Gabe und bringst alles was dich und viele von uns, auch mich berührt, so treffend aufs Tablett 🙂 Danke!
    freilich fielen mir dazu Geschichten ein, doch sie möchten hier den Rahmen sprengen:) und sind glücklicherweise Vergangenheit…
    In jedem Fall wieder ein wichtiger Impuls mehr, auf uns, auf mich zu achten, wenn möglich NUR mit nährenden Menschen und Situationen umgeben zu sein!
    Ein liebevolles Gewahr-Sein zu üben – dort wo wir bemerken, dass gerade im Gegenüber bewusst toxisch positives Geplapper stattfindet – imaginär ein klares Stopp Schild zu zeigen ( haha – warum kein echtes in der Tasche haben :-))
    ….. lustigerweise erstand ich auf der Wear Fair letztes Jahr ein Shirt – mit der Aufschrift, untereinander geschrieben: NON TOX

    Von Herzen freudvoll und garantiert schadstofffrei:)
    Margit

  • Liebe Laya, liebe Gefährtinnen,
    ich kann mich dir/euch nur anschließen. Alles was ihr schreibt, ist soo wahr. Ich hab einen Kurs besucht, bei einer immer positiven Referentin. Ich hab mir ständig gedacht, ich krieg das einfach nicht hin und es ging mir auch nicht gut dabei. Seit ich den Kurs abgebrochen hab, geht’s mir wesentlich besser . Mit einer guten Mischung aus Positiven und Negativen fühl ich mich pudelwohl und weiß mich jetzt viel besser einzuordnen, wo ich gerade stehe, ob ich Verantwortung für mich übernehme oder nicht.
    Liebe Grüße
    Ingrid

  • Liebe Laya, ich fühle mich mit deinem Text erwischt und denke an manche Menschen, die ich mit meiner gut gemeinten Positivität, trösten wollte.

    Danke für deine Impulse. Für mich selbst ist es ein schmaler Grad. Da ich mich damit tapfer halte, positiv zu denken. Und gerade war ich damir so stolz.

    Wie so oft, ist es sicher das genaue Hinspüren, wann es gerade kippt. Danke für’s Wach machen. Ramona

  • Vielen Dank für diesen wunderbaren Text. Schon lange ärgere ich mich über die Ewig-Positiven. Manchmal könnte ich echt schreien. Nein, ich will nicht direkt wieder belehrt werden, was an meiner Situation gerade so toll ist und ich will auch nicht 1000 ungefragte Weisheiten zum positiven Lebensstil hören. Manchmal will ich einfach nur erzählen, die Gefühle und Gedanken in mir wahrnehmen – mehr nicht.
    Es gibt schlichtweg Situationen, die fürchterlich sind und für die es keine Erklärung gibt und nein, das Leben ist nicht ausschließlich der Spiegel meiner Gedanken und Handlungen.
    Aber so was traut man sich ja gar nicht mehr laut auszusprechen.
    Deshalb: danke für deine klaren Worte, für Ermutigung und Weisheit

  • Vielen Dank für dieses Goldstück. Früher war ich immer gut drauf. Ich dachte, das wird von mir erwartet. Ja, vielleicht habe ich die negativen Gefühle einfach weggeschoben. Authentisch sein finde ich nicht so einfach, ist aber mein Ziel.

    • Liebe Susanne,
      ich denke, „authentisch sein“ kann viele Facetten haben – und es bedeutet nicht, immer alles von uns zu zeigen und mitzuteilen. Es gibt Situationen, in denen es gut ist, „gut drauf“ zu sein, auch wenn das nicht unserem Inneren entspricht. Und zum Glück gibt es Räume, in denen wir uns genauso zeigen können, wie wir sind. Uns selbst gegenüber wahrhaftig zu sein, darauf kommt es an, denke ich … das ist ein anspruchsvoller Weg. Manchmal schmerzhaft, aber sehr, sehr lohnend
      Alles Liebe, Laya

  • Liebe Laya,

    ich habe das auch schon oft erlebt, dass es Menschen gibt, die mit negativen Gefühlen Probleme haben, sie selbst gar nicht wahrnehmen geschweige denn von anderen hören zu wollen.

    Da fühlt man sich dann gar nicht wahr genommen und in seiner emotionalen Vielfalt akzeptiert. Ich finde auch, dass alle Gefühle ausgedrückt/gelebt werden dürfen. Sonst entstehen glaub ich Blockaden. Alles darf sein und will ausgedrückt werden. Sonst geht die Menschlichkeit und Authentizität verloren.

    LG Katharina

    • Du hast es wunderbar auf den Punkt gebracht, liebe Katharina! Emotionale Vielfalt ist Lebendigkeit, Menschlichkeit und Authentizität. Wenn all das nicht gelebt werden darf, entstehen Blockaden …

      Alles Liebe,
      Laya

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